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Stellungnahme des FanRat e.V. Magdeburg zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs mit Zuschauern

Seit Tagen geistern dazu die abenteuerlichsten Vorschläge durch die Öffentlichkeit, wie beispielsweise Spiele mit Komplettauslastung bei gleichzeitiger Testung aller Zuschauer, Forderungen nach kompletter Personalisierung aller Karten oder der Einsatz von Wärmekameras und Gesichtsscannern. Einige dieser Forderungen sind fernab der Realität. Daher möchten auch wir uns an dieser Debatte beteiligen und unseren Standpunkt deutlich machen.

Unser Grundsatz:

Alle oder keiner! Grundsätzlich lehnen wir eine nur teilweise Öffnung der Stadien ab. Wir haben uns monatelang auf den Moment gefreut, in dem sich ein Stadion nach langer Entbehrung wieder in einen Hexenkessel verwandeln wird und die Fans sich wieder geschlossen hinter ihre Mannschaft stellen können. Eine Lösung, die Fans nur schrittweise wieder ins Stadion lässt, nimmt uns diesen Moment. Weiterhin möchten wir nicht, dass es, gerade bei Vereinen mit hohem Zuschauerzuspruch, zukünftig vom Losglück oder dem Ausgang irgendeines anderen Prozederes abhängig ist, ob eine Dauerkarte genutzt werden kann oder jemandem ein Ticket zugeteilt wird.

Wir sind Realisten! Wir wissen um die Herausforderungen, die die Coronapandemie für alle Beteiligten darstellt. Wir wissen aber auch um die wirtschaftliche Bedeutung von Fans im Stadion, gerade für die Vereine, die unterhalb der 2.Liga spielen und nicht von den hohen TV-Einnahmen der DFL profitieren.
Deshalb möchten wir heute klarstellen, unter welchen Voraussetzungen wir bereit wären, Kompromisse einzugehen:

1. Alle Maßnahmen sind als Übergangslösung zu verstehen

Niemand weiß, wie lange wir mit Einschränkungen aufgrund der derzeitigen Pandemie noch leben müssen.  Daher wäre eine Alle-oder-Keiner-Regelung nur konsequent. Sollte es zu Einschränkungen der Zuschauerkapazität unter Auflagen kommen, müssen diese Auflagen regelmäßig auf dem Prüfstand stehen und SOFORT ausgesetzt werden, sobald es die Lage zulässt.

Keine Festlegungen eines Fußballverbandes sind wichtiger als das Gesetz

Gesundheitspolitisch ist Deutschland ein Flickenteppich aus unterschiedlichen Gesetzen und Verordnungen. Deshalb muss für alle überregionalen Fußball-Ligen gelten, dass ausschließlich die gesundheitlichen Regelungen vor Ort das Kriterium sind, wie viele Zuschauer in ein Stadion gelassen werden. 

Auch Stehplätze zählen

Sollte es zu einer Regelung kommen, bei der die Anzahl der zugelassenen Zuschauer prozentual von der Kapazität des Stadions abhängt, sind dabei nicht nur Sitzplätze, sondern alle Plätze in die Berechnung einzubeziehen.

Gästefans zulassen

Auch Anhänger der Gastmannschaft haben grundsätzlich das Recht, ihre Mannschaft live im Stadion zu sehen. Die 10% Regel muss weiterhin gelten.

Keine unnötige Personalisierung und Kontrollwut

Eine Personalisierung von Eintrittskarten, die über die Erfassung der Käuferdaten hinausgeht, lehnen wir ab. Eine Weitergabe von Dauer- oder Tageskarten muss weiterhin möglich sein und würde im Fall einer Infektions-Nachverfolgung auch keine wesentliche Behinderung darstellen. Zudem erachten wir zusätzliche Dokumentenkontrollen oder die Erfassung von Daten bzw. Unterschriften in Listen direkt am Stadion als kontraproduktiv.

Transparente Kartenvergabe ohne Bevorzugungen von Sponsoren

Ihr wollt Fans im Stadion? Dann lasst auch die Fans ins Stadion. Und macht den Stadionbesuch nicht für denjenigen wahrscheinlicher, der für seine Karte tiefer in die Tasche greifen kann. Wenn bisher nur ein bestimmter Anteil an Karten für Sponsoren genutzt wurde, dann muss dieser Anteil auch bei einer verringerten Stadionkapazität gelten.
Außerdem ist zu gewährleisten, dass die Kartenvergabe transparent und fair abläuft. Dies gilt im Besonderen für den Fall, das mehr Dauerkarten verkauft werden als Zuschauer zugelassen sind. Zudem sollte auch immer ein gewisses Kontingent an Karten verkauft werden, das nicht an den Besitz einer Dauerkarte oder eine Vereinsmitgliedschaft gebunden ist. Ansonsten würde ein nicht unerheblicher Anteil an Fans von vornherein weiterhin ausgeschlossen bleiben.

Datenschutz

Jegliche im Zusammenhang von Fußballspielen erhobenen Daten, die mit dem Gesundheitsschutz begründet werden, dürfen nur in diesem Zusammenhang verwendet werden und müssen sofort gelöscht bzw. vernichtet werden, sobald dieser Grund nicht mehr vorliegt.

Testspiele

Wir fordern unseren Verein dazu auf, keine Testspiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit auszutragen. Eine Begrenzung der Zuschauerzahlen ist, wenn erforderlich, auch bei Testspielen möglich. 

Der FanRat e.V. Magdeburg ist sich der wirtschaftlichen Notwendigkeit von Zuschauern, auch in eingeschränkter Zahl, bei Fußballspielen bewusst. Gerade bei den Vereinen, deren Etat nicht überwiegend durch TV-Einnahmen, Gönner, Mäzene oder Großsponsoren gedeckt wird, sondern die vorwiegend von den Zuschauereinnahmen leben. Alle haben in den letzten Monaten erlebt, wie langweilig TV-Fußball ohne Zuschauer sein kann. Selbst die größten Hardliner haben zugeben müssen, dass der Fan im Stadion einfach nicht zu ersetzen ist, egal wie viele Pappkameraden aufgestellt werden oder ob im TV -Retortenatmosphäre vom Band unter die TV-Bilder gelegt wird. Deshalb hoffen wir, dass sich alle Beteiligten – egal ob wir von Spielern, Vereinen, Verbänden oder Pressevertretern sprechen – zukünftig der Tatsache bewusst werden, was es für den Fußball bedeutet, wenn die Fans fehlen.

Magdeburg, 17.07.2020